offenkundig

Offene Software ist wie ein Haustier. Sie braucht viel Zuneigung, gibt dir ein gutes Gefühl, und im unpassendsten Moment macht sie auf den Teppich.

Aller Anfang ist schwer

Ich nutze schon seit Jahren Opensource-Software - zugegebenermaßen mit wechselndem Erfolg und unterschiedlich hohem Spaßfaktor. Irgendwann war ich an dem Punkt, den nächsten großen Schritt zu gehen und zu einem offenen Betriebssystem (oder operating system, OS) zu wechseln. Obwohl ich also etwas Erfahrung hatte, war ich ziemlich aufgeregt. Warum eigentlich?

Es ist ein Unterschied, ob ich nur ein einzelnes Programm ausprobiere oder das ganze OS wechsele. Natürlich ist der Umzug an sich schon aufwändig, aber ich muss mich nicht nur mit neuen Funktionalitäten in, sagen wir mal, einem Grafikprogramm auseinandersetzen, sondern so ziemlich jeden Schritt neu lernen, den ich in meinem alten OS so aus dem Ärmel schütteln konnte. Deshalb habe ich das Betriebssystem gewechselt, als ohnehin ein Rechnerwechsel anstand und ich die Möglichkeit hatte, den neuen in Ruhe aufzusetzen und mich mit ihm vertraut zu machen, aber als Notlösung auch den alten noch hätte nutzen können.

Außerdem gibt es wahrscheinlich mehr offene Betriebssysteme, als es Eissorten gibt, und schon da fällt mir die Wahl immer schwer. Viele Bekannte, die ich Rat fragte, machten die Wahl noch schwerer, indem sie mir ihre fast schon religiösen Überzeugungen überhalfen: “Nimm auf jeden Fall Debian, das ist das einzig Wahre.” – “Entscheide das nach dem Package Management (Hilfe, dem was?), nimm am besten was mit rpm, weil apt ist einfach für Loser.” (Aha.) – “Nimm auf keinen Fall Debian, das geht für Anfänger überhaupt nicht”. Das ging eine ganze Weile so.

Am Ende habe ich zwei Tipps erhalten, die mich meinem Ziel näher gebracht haben:

  • Probier mal den Distrochooser! Der Distrochooser ist ein Online-Tool, das ein bisschen wie der Wahl-o-Mat funkioniert. Es fragt deine Vorkenntnisse und Vorlieben in Bezug auf PC-Nutzung ab, und schlägt dir dann aus einer Reihe von offenen Betriebssystemen (genauer gesagt, Linux-Distributionen oder kurz “Distros”, also freien Betriebssystemen, die auf dem Linux-Kernel aufbauen) diejenigen vor, die am besten zu deinen Angaben passen. Dabei sagt es dir ganz klar, welche deiner Antworten zu welchem Match geführt haben. Falls also zwei oder drei Betriebssysteme im Ergebnis gleichauf liegen, kannst noch einmal selbst bewerten, welche Aspekte dir in deinem Nutzungsverhalten wichtig sind, und von welchen du vielleicht sogar abrücken möchtest.

  • Versuch es zuerst mit einer gängigen Linux-Distribution, also einer, für die es schon viele Hilfeforen gibt, oder die vielleicht in deinem Freundeskreis verbreitet ist. Denn der Punkt wird kommen, an dem du Hilfe brauchst. Bei mir kam er sehr schnell, und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass ich ihn je ganz überwinde.

Und welches OS ist es nun geworden? Den Anfang habe ich mit Ubuntu gnome gemacht. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es eine komplette grafische Benutzeroberfläche hat, die den Einstieg leichter macht, wenn man von Mac OS oder Windows kommt. Außerdem wusste ich, dass Ubuntu generell gut auf der Hardware meines Laptops läuft und ich nicht erst dutzende Treiber nachinstallieren muss. Ubuntu gnome ist recht schlicht und schön, wenn man nicht gerade Design-Maßstäbe ansetzt. Die Entwickler*innen haben einen guten Job gemacht, eine schlanke, auf die Funktionen zugeschnittene Oberfläche zu schaffen, in der ich mich mit etwas Eingewöhnung gut zurecht gefunden habe. Ubuntu ist außerdem eine sogenannte “stable” Distribution. Das bedeutet, dass es zwar zwischendrin mal kleinere und Sicherheits-Updates gibt, größere Veränderungen aber gesammelt werden und alle sechs Monate (im April und im Oktober) mit einer neuen Ubuntu-gnome-Version rausgebracht werden.

Ihr überlegt auch, zu einem offenen Betriebssystem zu wechseln? Lasst mich wissen, was ihr so ausprobiert - und habt Spaß am Gerät!