offenkundig

Offene Software ist wie ein Haustier. Sie braucht viel Zuneigung, gibt dir ein gutes Gefühl, und im unpassendsten Moment macht sie auf den Teppich.

Hosting

Ja, das war eine lange Pause – so lange, dass beinahe zwei Sommerlöcher aneinandergewachsen wären! Ich schiebe die Schuld auf den Klimawandel, der die Zeit zwischen zwei Sommerlöchern rapide schmelzen lässt. Aber ich war nicht untätig auf meiner Eisscholle der anderen Jahreszeiten, im Gegenteil. Lasst uns heute also über den Kernbereich digitaler Lebensführung sprechen, mit dem ich die letzten Monate verbracht habe: Das Hosting.

Nein, nicht Husten. Auch nicht Ghosting. Hosting! Genauergesagt, Selbst-Hosting, also die (leider manchmal etwas zeitfressende) Praxis, Dienste im Netz selbst zu betreiben und bereitzustellen. Lange war genau das eindeutig das Tummelfeld der Nerds, die mit Kapuzenpulli vor einem Kommandozeilen-Screen sitzen und sich die Nächte um die Ohren administrieren (das ist ein Angeberwort dafür, Speicherplatz im Netz mit Programmen zu bespielen und ihn pflegen). Doch diese Zeiten sind vorbei.

Eigene Dienste oder Services zu betreiben ist nicht mehr so schwer, wie es einst war – ich bin der lebende Beweis. Das hat vor allem zwei Gründe: Erstens bieten heute viele Provider (also Menschen, Genossenschaften oder Firmen) Platz auf ihren Servern an, den mensch viel leichter administrieren kann als früher. Heute gibt es dafür nämlich Webinterfaces, die es der anstrebenden Selbsthosterin erlauben, den Online-Speicherplatz einzurichten. Das macht zumindest den Einstieg leicht. Zweitens sind auch die Anwendungen leichter installierbar geworden: Auch hier lassen sich im Webinterface mancher Provider gängige Anwendungen mit einem Klick einrichten. Die Technik dahinter heißt Containerisierung, die häufig mit Docker umgesetzt wird. Docker ist wegen seiner architekturbedingten Sicherheitsrisiken nicht unumstritten, aber das ist ein anderes Kapitel.

Soweit schön und gut, aber warum eigentlich Selbst-Hosting? Wem die Freude am schnellen Erfolg und die schlichte Schönheit laufender Dienste nicht ausreicht, dem sei folgendes vor Augen geführt: Wir alle nutzen tagtäglich Dienste im Netz. Der Löwenanteil davon wird nicht von uns selbst betrieben. Das heißt, dass wir keinen Einfluss darauf nehmen können, wie der Dienst weiterentwickelt wird, wie er mit unseren Daten umgeht. Deshalb weichen einige von uns vielleicht auf Dienste aus, die von Freundinnen und Freunden betrieben werden, denen wir mehr vertrauen als den Internetgiganten (oder wie ich kürzlich lernte, der G-MAFIA). Oder wir gehen eben dazu über, Dienste selbst zu betreiben: Für mich persönlich war Selbst-Hosting ein großer Schritt zu mehr Selbstbestimmtheit im Netz.

Und der Weg dahin war letztendlich recht einfach, auch wenn ich mir selbst mit meinen Bedenken unnötig lange im Weg stand. Deshalb hier der erste Schritt zu mehr Unabhängigkeit im Netz: Sucht euch einen Provider, auf dem ihr eure Dienste laufen lassen wollt (außer natürlich, ihr habt zufällig ein eigenes Serverrack in der Abstellkammer stehen, aber falls das der Fall sein sollte, weiß ich wirklich nicht, warum ihr diesen Text lest). Hier sind die Kriterien, nach denen ich entschieden habe:

  • Ökostrom: Das Internet und seine Rechenzentren verballern ungefähr so viel Strom wie die gesamte Flugindustrie. Wenn wir uns schon um unsere Daten sorgen und deshalb selbst hosten, sollten wir uns auch Gedanken um unseren schönen Planeten machen und einen grünen Anbieter wählen. Eine Websuche hilft euch weiter.

  • Rechenzentren in der EU: Wir sind mit verhältnismäßig guten Datenschutzgesetzen gesegnet, also lasst ihn uns nutzen.

  • Freundlichkeit: Gerade als Host-Frischling möchte ich auch mal wo anrufen können, wenn ich Fragen habe, und nicht gleich ausgelacht werden. Ein guter Hoster hat einen erkennbaren Kundenservice.

  • Server-Apps: Wie viele Anwendungen kann ich einfach per Klick installieren, wenn ich möchte? Das ist auf den Webseiten der Hosting-Provider klar ersichtlich, ebenso wie der Preis für diesen Service.

  • Bezahlbarkeit: Das Gegengewicht zu den drei obigen Punkten: Natürlich soll nicht mein halbes Gehalt für die Deluxe-Version mit der Goldkante draufgehen.

Nach einer gründlichen Recherche und vor allem Gesprächen mit Leuten, die Erfahrungen mit Hosting-Providern gemacht haben, habe ich meine Entscheidung informiert getroffen und bis heute nicht bereut.

Und welche Dienste betreibe ich nun auf meinem ökologisch korrekten Webspace? Das will ich hier nach und nach vorstellen, denn es gibt genug zu jedem einzelnen zu sagen. Also stay tuned!